Ushuaia, Argentinien: Die offiziell südlichste Stadt der Welt. Nachdem ich vor 7 Monaten in Kolumbien zum ersten Mal Bekanntschaft mit den Anden gemacht habe, hat mich meine Reise nun zu ihrem Ende geführt. Als ich aus dem Bus steige, werde ich von antarktischer Polarluft in Empfang genommen. So muss ich auf die harte Tour lernen, dass die Region zwar Feuerland heißen mag, allerdings nichts im Geringsten mit Wärme zu tun hat.

Ushuaia, umgeben von den Bergen

Ushuaia, die „Bucht, die nach Osten blickt“ gibt es seit ungefähr 1870, als englische Missionare das Gebiet erschlossen. Um nicht im ständigen Wettbewerb mit Chile erobert zu werden, beschloss die argentinische Regierung das Gebiet zu besiedeln. Genauer gesagt, wurde 1920 ein Gefängnis gebaut und sicherte somit eine ständige Population (wenn auch von nicht allzu freundlichen Zeitgenossen). Um eben diese Sträflinge beschäftigt zu halten, ließ man eine Schmalspur-Eisenbahn von der Stadt Ushuaia durch den heutigen Nationalpark Tierra del Fuego bauen. Die damals 25 km lange Strecke diente zwischen 1909 und 1952 zum Materialtransport, wurde aber nach der Schließung des Gefängnisses wegen Unrentabilität stillgelegt.

Seit 1994 ist die Bahn jedoch wieder als Touristenattraktion aktiv, weshalb ich es mir nicht nehmen lassen wollte, mit der südlichsten Eisenbahn unseres Planeten zu fahren (praktischerweise bedient ihre Route eine sehr malerische Strecke durch den Nationalpark).

Alles über meinen Ausflug, die wunderschöne Dampflokomotive und weitere spannende Details gibt es hier als in meinem Blog zu lesen. Viel Spaß!

Ushuaia

Ushuaia hat zweifellos einen ganz besonderen Charme. Im Hafen legen regelmäßig Expeditionsschiffe an, die auf ihrem Weg zur Antarktis ihre abenteuerlustigen Passagiere einsammeln. Die Luft ist eisig und klar, die schneebedeckten Berge, die im Rücken der Stadt thronen, überwachen das Treiben und verhüllen sich regelmäßig in dicken Wolken. Doch auch, wer über kein Ticket zur Antarktis verfügt, wird sich hier nicht langweilen. Zahlreiche Museen säumen die Stadt. Darunter das Museo Fin del Mundo, das Gefängnis- und Marinemuseum und die Galeria Thematica Historia Fuegina, nur um einige zu nennen. Letzteres ist übrigens eine Art skurriles Wachsfigurenkabinett über die Entstehungsgeschichte der Stadt und hat mir ganz besonders gefallen (und auch die Bar im dritten Stock ist durchaus einen Besuch wert!).

Alter Zug im Gefängnismuseum
Kreuzfahrtschiffe, die auf ihre Passagiere warten
Ausstellung in der Galeria Thematica Historia Fuegina
Mehr Züge im Gefängnismuseum!

Wer sich lieber im Freien aufhält, der kann im Winter das Ski- und Langlaufgebiet um Ushuaia erkunden, einen Ausflug mit Schlittenhunden unternehmen, oder zu jeder Jahreszeit den Martial-Gletscher besteigen, wilde Pinguine auf der Isla Martillo besuchen (absolut fantastischer Ausflug!), durch den Beagle-Kanal schippern oder die Laguna Esmeralda bestaunen. Wie man sieht: Langweilig wird einem hier sicher nicht.

Während meines – viel zu kurzen – 3-tägigen Aufenthaltes habe ich Unterschlupf in einem [https://www.airbnb.de/rooms/22237792?c=pfreisberg](fantastischen Tiny-House mit atemberaubendem Ausblick) gefunden und mich dort extrem wohl gefühlt. In dem winzigen Häuschen gibt es alles, was man zum Leben braucht. Eine kleine Küche, ein Bad, ein ausklappbares Doppelbett und das Beste – ein absolut riesiges Fenster hinaus aufs Meer, das zu langen Morgen mit Kaffee einlädt.

Tiny House
Blick auf die Bucht aus unserem Fenster
Alles, was du brauchst

Übrigens, wer ein Freund von gutem Bier, leckeren Burgern und herrlich nostalgischem Zug-Ambiente ist, der sollte sich die Santos Cerveceria nicht entgehen lassen! Sie ist wie ein alter Zug-Waggon gestaltet, bei dem sich selbst ein Ausflug auf die Toilette wie eine Zeitreise in die frühen Jahre des Zug-Reisens anfühlt ;)

Ist es ein Zug? Ist es eine Bar?

Tickets, Fahrpläne und Preise

Meine Tickets für den Zug habe ich bequem einige Tage im Voraus online auf Trendelfindelmundo bestellt. Die Seite gibt es auf spanisch, portugiesisch und englisch und ist so simpel aufgebaut, dass man keine Probleme beim Ticketkauf haben sollte. Bezahlt wird bequem per Paypal oder Kreditkarte und binnen Minuten hat man seine Reservierungsnummer im E-Mail-Postfach. Auch, wenn der Zug dreimal täglich fährt, sollte man, insbesondere, wenn man am Wochenende damit fahren möchte, im Voraus reservieren (in meinem Fall waren meine Wunschtage bereits ausgebucht und ich konnte erst an meinem letzten Tag mit dem Zug fahren).

Die beiden Klassen “Turista” und “Primera Superior” – mehr dazu später unter “Zugklassen” – werden vom selben Zug bedient. Eine Reise mit diesen beiden Klassen kann täglich um jeweils 9:20, 12:00 und 15:00 Uhr angetreten werden.

Flyer mit aktuellem Fahrplan

Die Premium-Klasse fährt lediglich um 12:00 und 15:00 Uhr und die VIP-Klasse verkehrt ausschließlich auf Reservierung, mindestens 24h zuvor.

Bei sämtlichen Klassen handelt es sich um Rundfahrten, was soviel bedeutet, dass man, einmal an der Endhaltestelle im Nationalpark angekommen, entweder direkt mit dem Zug wieder zurückfahren, oder einen späteren Zug in Anspruch nehmen kann (hierbei würde ich empfehlen, mich beim personal vor Ort über die Rückfahrt-Zeiten zu informieren, um nicht im Park zu stranden). Vorsicht allerdings, wenn man den Zug um 15:00 Uhr nimmt; dann hat man nämlich keine andere Wahl, als direkt wieder zurück zu fahren – außer man organisiert sich einen privaten Rücktransport oder bucht eine Tour im Nationalpark, die die Zugfahrt beinhaltet.

Ein Ticket der Touristenklasse kostet 1.800 argentinische Pesos (Stand 2019: ca. 27€). Die Primera Superior schlägt mit dem doppelten Preis, 3.600 ARS (ca. 54€) zu buche. In diesen beiden Klassen gibt es Rabatte für Senioren und Kinder.

Wer sich die Premium-Klasse gönnen möchte, der muss ganze 4.200 ARS (64€) auf den Tisch legen. Für die VIP-Klasse und den Charter-Service gibt es Preise nur auf Anfrage, weshalb mir hierzu keine weiteren Informationen vorliegen.

Vor der Buchung sollte man auf jeden Fall noch einmal auf der Seite des Tren del Mundo vorbeischauen, um Verfügbarkeiten und aktuelle Preise zu überprüfen. Sollte es dann noch offene Fragen geben, kann man sich problemlos per E-Mail an deren Office wenden (auch gerne auf englisch!) und erhält für gewöhnlich innerhalb von 24 Stunden eine Antwort.

Zugklassen

Zunächst wurde ich von der schieren Vielfalt der Zugklassen überrascht. Nicht zwei, oder drei, nein, ganze 5 Zugklassen gibt es! Das erinnerte mich schwer an meine klassenkonfuse Reise zum Machu Picchu, wie ihr hier nachlesen könnt. Aber fangen wir ganz von vorne an.

Übersicht der Zugklassen

Die “Turista” – oder: Touristenklasse

Sie zeichnet sich durch extrem wenig Platz und einen – verglichen mit den anderen Klassen – recht mageren Service aus. Die großen Fenster, beheizte Abteile, Kopfhörer und der Audioguide in 7 (!) Sprachen sind im Ticketpreis enthalten. Einfach und gut, kein Schnickschnack - gefällt mir.

Touristen-Klasse

Die “Primera Superior” – oder: Erste Klasse

Für das doppelte des Standard-Preises bekommt man hier schon einiges mehr geboten. Man darf nicht nur als erstes Platz in den wesentlich geräumigeren Waggons nehmen, sondern genießt zudem Panoramafenster, Air-Condition, einen Tisch am Platz und kann sich einen von verschiedenen Snacks auswählen (Lamm-Sandwich, Schinken-Käse-Sandwich, einen vegetarischen Wrap oder ein Frühstücks-Menü stehen zur Auswahl). Außerdem erhält man zwei Getränke nach Wahl (eines darf sogar Alkohol enthalten!), die kalt (Rot- oder Weißwein, Craftbeer, Soft Drinks, Wasser mit Geschmack oder Orangensaft) oder heiß (Kaffee, Tee oder heiße Schoki) sein können. Zur Krönung bekommt man noch ein Souvenir vom Zug am Ende der Welt, sowie eine kleine Süßigkeitenbox. Natürlich gibt es auch hier einen multilingualen Audioguide.

Primera Superior

Die Premium-Klasse

Hier setzt der Tren del Fin del Mundo noch eins drauf und stattet die Tische mit richtigen Tischdecken aus. Auch die Gastronomie im Zug erhält ein Upgrade. Auf dem Menü stehen patagonische Delikatessen, inklusive Dessert zur Auswahl, die mit 3 Heiß- oder Kaltgetränken (darunter auch Sekt!) zu sich genommen werden können, gekrönt von einem exklusiven Souvenir. Wowza.

Der spezielle Premium-Zug
Hübsche, rote Waggons
Premium

Die “Exclusiva”, VIP-Klasse

Welche seltsamerweise ausschließlich auf der spanischen Version der Website zu finden ist.

In dieser Klasse verkehrt man mit einem speziellen Waggon, welcher Platz für 8 Passagiere bietet. Auch hier werden einem Essen und Getränke gereicht, allerdings aus der Bordeigenen Küche. Zudem gibt es einige Torten und lokal hergestellte Schokolade zur Auswahl. Restliches ist der Premium-Klasse sehr ähnlich.

Den Charterservice kann ich mir kaum glamouröser vorstellen, muss aber wohl so sein. Einen Blick auf die beiden konnte ich leider nicht werfen. Zu sagen bleibt aber, dass diese Beiden mit ihren eigenen Zügen verkehren und sicherlich im 3-stelligen Bereich liegen.

Und wie komm ich jetzt zum Bahnhof?

Der Bahnhof befindet sich leider nicht wie früher im Stadtkern Ushuaias, sondern etwa 10 km westlich davon. Für einen gemütlichen Spaziergang ist das definitiv zu weit. Wie kommt man also pünktlich zu seinem Zug? Nun, es gäbe da drei Möglichkeiten: per Mietwagen, Taxi oder offiziellem Tren del Mundo-Transport. Letzterer besteht aus Minibussen, die dreimal täglich zum Bahnhof und zurück fahren und auf den Fahrplan der Züge abgestimmt sind. Sie fahren jeweils pünktlich um 8:45, 11:15 und 14:15 Uhr. Die Busse sind dank des großen, Tren-del-Fin-del-Mundo-Werbeaufdrucks recht einfach zu finden und warten hinter den kleinen Reisebüro-Häuschen am Hafen, wo sich auch das viel fotografierte Ushuaia-Schild befindet. Eine Hin- und Rückfahrt kostet umgerechnet 8,30€, wobei das Ticket direkt vom Fahrer ausgehändigt und später am Bahnhof bezahlt wird.

Das berühmte Ende-der-Welt-Zeichen
Die Aussicht genießen, während man wartet
Kleinbus wartet am Hafen
Aktuelle Buszeiten
Papierfahrkarte für den Bus

Wie ich später im Gespräch mit einem Taxifahrer herausfand, kostet eine Taxifahrt (mit Taximeter) zum Bahnhof ca. 6,80€ – hin- und zurück also 13,60€ und lohnt sich somit schon bei zwei Reisenden. Einfach im Voraus mit dem Fahrer eine angemessene Abholzeit ausmachen und schon hat man sich etwas Geld gespart. ;)

Da ich dies leider zu spät erfuhr, machte ich mich an meinem Zugreise-Tag also um 11:00 Uhr auf den Weg zu den Minibussen. Der freundliche Fahrer händigte mir ein Papierticket aus und bat mich Platz zu nehmen. Etwa 30 Minuten vor Zug-Abfahrt kam ich also am Bahnhof “Fin del Mundo” an, wo mich der Busfahrer, gemeinsam mit allen anderen Mitreisenden zum Tickethäuschen, welches sich vor dem eigentlichen Bahnhofsgebäude befindet, begleitete. Das Ticket kann entweder in Bar oder mit Karte gezahlt werden. Kaum war dies geschehen, wurde uns mitgeteilt, dass der Busfahrer passend zu den Zug-Zeiten wieder an Ort und Stelle auf uns warten würde.

Da ich ja schon einmal am Schalter war, zeigte ich außerdem meine Reservierungsnummer für den Zug vor und erhielt daraufhin mein ausgedrucktes Ticket. Im Anschluss wurde ich noch höflich darauf hingewiesen, dass ich noch die Eintrittsgebühr für den Nationalpark von ca.10€ entrichten müsse. Dies ist ausschließlich in Bar möglich. Nachdem ich also bezahlt hatte, wurde ich mit einer ganzen Batterie von Eintrittskarten, Flyern und Gutscheinen (darunter ein reduzierter Eintritt für das zuvor erwähnte Pappfiguren-Museum und eine gratis heiße Schokolade in einem der Schoki-Geschäfte in der Stadt – lecker!) überhäuft und machte mich mit vollen Händen auf den Weg ins Bahnhofsgebäude.

Fahrkartenschalter
Ticketschalter
Der ganze Papierkram

Der Bahnhof am Ende der Welt

Das Bahnhofsgebäude erinnert mich an eine übergroße, längliche Holzhütte. Direkt hinter dem Eingang findet man rechts einen Informationsschalter nebst Bar/Café inklusive wärmendem Holzofen und links einen großen Souvenirshop, wo man sich mit allen möglichen Erinnerungsstücken eindecken kann (einschließlich eines gelb-grau gestreiften Gefangenen-Outfits).

Hauptgebäude
Süßes kleines Schild draußen
Die Bar
Gemütlicher Holzofen
Souvenirladen
Eingang zur Wartehalle
Schild über dem Eingang
Der Wartebereich

Geht man wenige Schritte geradeaus, so findet man sich in der Boarding-Halle wieder. Und die hat wirklich einiges zu bieten. Ich stehe einer riesigen Wand mit unzähligen Memorabilia, wie alten Fotos, alten Zug-Teilen, einer entzückenden kleinen Modelleisenbahn, Informationstafeln, usw. gegenüber. Wer also noch etwas Zeit vor der Abfahrt hat, der kann sich in Ruhe umsehen und alles entdecken. Mir gefallen besonders die uralten Gefangenen-Fotos, die die Insassen mit dem Zug auf dem Weg zur Arbeit zeigen.

Alte Bilder
Eine Sammlung von allem
There is still more…
Bezaubernde Modelleisenbahn
Weitere coole Sachen
Die Strecke

Und es gibt noch eine Perle. Die Werkstatt. Durch zwei große Fenster kann man mehreren Männern bei Reparatur- und Schweißarbeiten zusehen. Diese kümmern sich ständig um den Erhalt der fünf eigens für diese Eisenbahn angefertigten Mini-Dampfloks und sind gerade dabei einen neuen First- und Tourist Class Waggon zu bauen, der bis 2024 fertiggestellt werden soll. Hypnotisiert von dem Schauspiel (wie in einem Wimmelbild findet man hier immer wieder Neues), bemerke ich nicht, wie sich meine zukünftigen Mitfahrer beginnen, anzustellen.

Männer bei der Arbeit
Höhepunkt - die Werkstatt
Davon kann man nicht genug bekommen
Frisch aus der Werkstatt

Eine Durchsage reißt mich aus meiner Faszination. Am langen Ende des Gebäudes befindet sich der Boarding-Bereich (am anderen Ende gibt es eine Toilette, die man tunlichst vor Abfahrt benutzen sollte, da es im Zug keine gibt). Brav stelle ich mich in Reih und Glied. Es gibt noch eine Live-Ansage durch einen bemützten – ich will nicht verkleidet sagen – Zug-Mitarbeiter, die uns über den Boarding-Vorgang und die anstehende Fahrt informiert.

Die Wartehalle
Anstellen
Toiletten am anderen Ende

Nachdem mein Ticket überprüft und mir ein Päckchen mit Kopfhörern überreicht wurde werde ich von zwei Gefängnisinsassen festgehalten! Allerdings ist das Ganze natürlich nur Spaß und man hat die Möglichkeit ein Erinnerungsfoto vor dem Zug schießen zu lassen. Nachdem mir also theatralisch mein Rucksack “geklaut” wurde und ich ihn feierlich zurück überreicht bekomme, darf ich den Zug betreten. Einen festen Sitzplatz gibt es übrigens nicht. Für den ersten Halt sollte man sich allerdings seine Waggon-Nummer merken. Der Zug ist komplett voll.

Erster Blick auf die Plattform
Vorsicht! Flüchtige!

Unser Gefährt

Der Zug, der auf uns wartet, ist absolut entzückend. Als Kind der 90er fühle ich mich sofort an Jim Knopf und Lukas aus der Augsburger Puppenkiste erinnert, die mit ihrer Dampflokomotive Emma durchs Lummerland fahren. Nur, dass unsere Lokomotive nicht Emma, sondern Zubieta heißt (benannt nach Héctor J. Rodríguez Zubieta, einem berühmten Schiffsingenieur der Region). Sie gehört zu den insgesamt 5 Lokomotiven, wurde 2006 in Südafrika gefertigt und ist der jüngste Zuwachs der Lokomotiven-Familie. Sie ist 7 Meter lang und stattliche 10 Tonnen schwer. Außerdem ist sie mit ihrem 160 PS starken Motor die leistungsstärkste Antriebsmaschine der 5 Loks. Daran angekoppelt sind 6 tannengrüne Waggons mit gold-weißer Nummerierung, bereit, seine Gäste in Empfang zu nehmen.

Was für ein prächtiger Zug!
Winzige Sitze in einem winzigen Zug
Dunkelgrüne Waggons

Die Fahrt

Ich teile mir mein winziges 6-Personen-Abteil mit meinem Partner und einer vierköpfigen, slowenischen Familie auf Familienurlaub. Unsere Mitfahrer sind sehr höflich und wir halten einen kurzen Plausch (wenn man sich so nah auf die Pelle rückt, gehört das schließlich zum guten Ton!).

Kurz vor Abfahrt werden noch schnell sämtliche Türen doppelt und dreifach auf ihre korrekte Verschlossenheit überprüft, während ich schonmal meine zufälligerweise selbst mitgebrachten Kopfhörer in Position bringe und eine Sprache am kleinen Drehrädchen wähle.

Menü Sprache
Eingebauter Audioguide

Mit einem schrillen Pfeifen setzt sich unser kleiner Zug schnaufend in Bewegung. Die vorderen Waggons werden schnell in einen feinen Nebel aus Wasserdampf gehüllt und die kleine Lokomotive nimmt gemächlich Fahrt auf.

Los geht's!

Schon nach der ersten Kurve ist der Bahnhof schnell vergessen und wir befinden uns mitten in der Natur. Eine knappe, aber eindringliche Durchsage weißt noch schnell darauf hin, dass die Türen während der Fahrt verschlossen bleiben müssen und Eltern deshalb auch ganz besonders nach ihren Kindern sehen sollten. Wir bewegen uns langsam durch weite, von Bergen umringte Graslandschaften und bekommen nebst verschiedensten Vögeln auch einige Pferde mit ihren Fohlen zu Gesicht.

Fenster-Ansichten
Unmittelbar nach dem Verlassen des Bahnhofs
Pferde!
Die Kurven lieben

Danach startet schon das Unterhaltungsprogramm per Kopfhörer. Ich habe meinen Regler versehentlich auf chinesisch gestellt, bemerke meinen Fauxpas natürlich sofort und drehe auf Deutsch. Schon nach den ersten paar Sätzen muss ich ein wenig kichern, da die Dame, welche die Erzählstimme mimt, sich offensichtlich extrem große Mühe gibt, ganz besonders hochdeutsch und deutlich zu sprechen. Auch der Gebrauch veralteter Phrasen ist keine Seltenheit und ich fühle mich zurück in meine Kindheit versetzt, als ob mir meine Großmutter ein Grimmsches Märchen vorlesen würde. Herrlich! Die nette Dame, welche mich mit der Geschichte Ushuaias vertraut macht, verpackt ihre Informationen wirklich hübsch. Wir lernen über die ersten Siedler und die Versuche der argentinischen Regierung, dem unteren Zipfel der Welt mit Hilfe einer Sträflingskolonie ein wenig mehr Leben einzuhauchen und das Land gegen Chile zu verteidigen. Wir erfahren auch, wie es den Sträflingen, die diese Zugstrecke einst bauten, ergangen ist und dass die Zeiten für sie damals wohl nicht so rosig ausgesehen haben mussten. Der erste Halt steht an und der Zug kommt langsam zum Stehen.

Unser erster und einziger Zwischenhalt: La Macarena Waterfall Station. Wie der Name schon sagt, gibt es hier einen Wasserfall zu bestaunen. Per Zug-Lautsprecher wird uns mitgeteilt, dass wir hier 15-20 Minuten halten werden.

Bahnhof Macarena

Ich nutze die Zeit, um ein paar schnelle Fotos von unserem wunderschönen Reisegefährt zu machen, während es von Hand mit frischem Wasser befüllt wird.

Vorbereitung
Wasser für die Dampflok

Auf dem kurzen Weg zum Wasserfall kommt man an einigen kleinen Souvenir-Häuschen vorbei, unter anderem dem Foto-Haus, wo man sein zu Beginn der Fahrt aufgenommenes Foto, frisch ausgedruckt mit Kalender und allem drum und dran für 500 ARS (ca. 8€) mit nach Hause nehmen kann. Ich habe das Gefühl, heute schon genug zusätzliches Geld ausgegeben zu haben und verzichte. Der Wasserfall ist nett, allerdings jetzt auch nichts wahnsinnig Spektakuläres. Ich kehre zu unserer schnuckeligen Eisenbahn zurück und werfe einen Blick in die anderen Waggons.

Zug von oben
Macarena Wasserfall
Zuggleise
Ansicht von vorne
Ansicht von hinten im Bahnhof Macarena
Blick in die Primera-Superior-Klasse mit Tischen
Blick in die Premiumklasse mit Tischdecken

Die Fahrt geht weiter und schon bald überqueren wir die Grenze zum Nationalpark. Der Audio-Guide erzählt uns nun vom Baumfriedhof, der an unseren Augen vorbeizieht. Die Gefangenen kamen damals in dieses abgelegene Gebiet, um Holz für die Öfen im Gefängnis und der gesamten Siedlung zu fällen, Sommer wie Winter. Wir lernen über den harten Umgangston, der im Gefängnis herrschte und über einige missglückte Fluchtversuche, von denen einer dem Fluss, an dem wir stetig entlang fahren, seinen Namen gab (Rio Pipo). Bevor wir an unserem Ziel ankommen lernen wir noch kurz über die Neuauflage der Strecke für Touristen in den frühen 90ern.

Im Nationalpark
Mehr Pferde
Der Waldfriedhof
Übriggebliebene Baumstümpfe
Berggipfel und Baumreihen
Ende-der-Welt-Landschaften
Rio Pipo
In den Wald
Waldblick

Wir kommen zum Stehen, fast alle steigen aus. Ich nutze die Gelegenheit, mich kurz umzusehen, kehre allerdings schnell wieder zurück, da ich besorgt bin, der Zug könnte ohne mich wieder abfahren; eine informative Durchsage gab es nämlich nicht. Die meisten Ausgestiegenen scheinen eine Tour mitzumachen und werden bereits von weißen Vans erwartet. Ich beobachte, wie sich unsere Lok in Bewegung setzt und verfalle schon beinahe in Panik, nur um festzustellen, dass der Zug ja schließlich umdrehen muss.

An der Endstation
Ankunft am Bahnhof des Nationalparks
Fahrkartenschalter am Bahnhof

Sobald er zum Stehen kommt, hüpfe ich schnell zurück auf meinen Platz. Ich werde darum gebeten, mein Ticket nochmals vorzuzeigen und mir wird Einlass gewährt. Halb leer macht sich der Zug also schon nach 5 Minuten am Ziel wieder auf den Weg zum Ausgangsbahnhof. Diesmal sind wir ein wenig schneller unterwegs, der Audioguide schweigt und wir können die Landschaft noch ein zweites Mal genießen.

Weitere Landschaftsansichten
Frühlingsfarben
Entlang des Flusses
Verlassen des Nationalparks

Gegen 14:00 Uhr sind wir wieder am Anfang, wo auch schon unser weißer Van auf uns wartet und es geht zurück in die Zivilisation.

Fazit

Insgesamt ist der ganze Spaß nicht ganz billig, ruft man sich ins Gedächtnis, dass man lediglich eine 7km lange Strecke zurücklegt. Aber darum geht es bei diesem Ausflug auch einfach nicht. Die Fahrt ist landschaftlich wunderschön und dank Audioguide sehr informativ. Die auf alt gemachten Dampfloks und das Gefühl am Ende der Welt 100 Jahre in die Vergangenheit zu reisen sind auf jeden Fall das Highlight des Ausflugs. Nach Ankunft im Nationalpark hätte ich mir etwas mehr Infos und ein wenig Zeit gewünscht, schließlich bezahlt man auch den relativ kostspieligen Eintritt in den Nationalpark, den man am Ende dann kaum zu Fuß erkunden kann (was bei der Kälte im Frühling aber auch etwas Vorbereitung und warmer Kleidung bedarf). Es bleibt zu sagen, dass dieser Zug, schon allein aufgrund seiner Position auf unserem Erdball und seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit eine Reise mit ihm verdient. Falls man sich also irgendwann auf diesem Teil unseres Planeten wiederfindet, so würde ich wahrscheinlich eher eine Tour mit dem Zug in den Nationalpark empfehlen, da einem dort die Möglichkeit geboten wird, nicht nur mit der Eisenbahn zu fahren, sondern im Anschluss den Park auch zu Fuß zu erkunden. Insgesamt war es auf jeden Fall ein sehr schöner und unterhaltsamer Halbtagesausflug.

Hiermit möchte ich mich verabschieden, vielen Dank fürs Lesen und ich hoffe, ihr habt euch gut unterhalten gefühlt. Bis zum Nächsten Mal!

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