Der Lowland Caledonian Sleeper verbindet täglich Edinburgh und Glasgow im Süden von Schottland mit der britischen Hauptstadt London, sowie umgedreht London mit Edinburgh und Glasgow. Wobei der Highland Caledonian Sleeper verschiedene Ziele im Norden Schottlands anfährt. Die Fahrzeit über Nacht beträgt ca. 7 Stunden, bei Tagzügen liegt sie zwischen 4 und 5 Stunden. Die Caledonian Sleeper führen (leider) nur Schlaf- und Sitzwagen.
Von Edinburgh nach London im Sitzwagen
Der Caledonian Sleeper bietet zwei Komfortklassen an: Sitzwagen und Schlafwagen. Die Reservierung für Schlafwagen kostet mit Interrail-Ticket 75 GBP, eine Reservierung im Sitzwagen ist, wie die meisten Reservierungen in Großbritannien, kostenfrei. Da der Schlafwagen gerade für budget-reisende Interrailer recht teuer ist, wählten wir die Sitzvariante, auf welche ich mich in diesem Blog beziehen möchte.
Caledonian Sleeper in Edinburgh Waverley
Start der Reise ist Edinburgh, das „Athen des Nordens“. Von hier aus fahren täglich Züge im 30min-Takt nach London und zusätzlich ein Nachtzug um 23.40 Uhr. Bereitgestellt wird er allerdings schon um 23.00 Uhr, in Gegenrichtung schon 22.00 Uhr in London, was später auch zu Verwirrung führte. Wir machten uns gegen 22 Uhr auf zum Bahnhof.
Bahnhof Edinburgh Waverley am Abend
In Erwartung, gleich in den Zug einsteigen zu können, kamen wir an, mussten nach Nachfragen aber festellen, dass man in den Zug erst um 23.00 Uhr darf. So blieb noch etwas Zeit, uns auf dem Bahnhof umzusehen. Der CAL stand war zwar schon vor Ort, wurde aber noch für die Nachtfahrt vorbereitet. Letztendlich verbrachten wir die Zeit vor Abfahrt in der großen und schön gestalteten Wartehalle des Bahnhofs.
Die Wartehalle mit Anzeigetafel
Der Zug
Kurz nach 23 Uhr wurde der Zug dann zum Einsteigen freigegeben. Er besteht aus 14 Waggons, davon 12 Schlafwagen ( Einzel- und Doppelabteile), ein Imbisswagen und ein Sitzwagen. Am Anfang werfe ich noch einen Blick in die anderen Wagen, bevor ich meinen Sitzplatz einnehme.
Im Imbisswagen kann man kleinere Snacks und Getränke kaufen, es ist kein Speisewagen. Außerdem befindet sich hier die Lounge, wo allerdings nur Gäste der 1. Klasse (Schlafwagen) Zutritt haben, darauf wurde ich sofort vom Zugpersonal aufmerksam gemacht, welches sich auch im Imbisswagen aufhält. Er befindet sich als vorletztes, vor dem Sitzwagen, am Zugende.
Auf der Suche nach einer Steckdose bin ich in der Lounge fündig geworden (welche übrigens von keinem Gast der 1. Klasse genutzt wird). Da wir diese aber nicht nutzen dürfen, bot uns die Zugbegleiterin an, unsere Handys im Bistro-Bereich aufzuladen. Wir konnten sie dort dann am nächsten Morgen wieder abholen, wurden aber am Abend noch darauf aufmerksam gemacht, dass die Ankunft in London Euston um 30 Minuten früher sein wird. Letztendlich war sie um kurz vor halb sieben, statt planmäßig 7.07.
Aber erstmal zurück zum Sitzwagen. Die Sitze sind sogenannte Ruhesessel, allerdings ähneln sie eher denen, die sonst am Tag in der 1. Klasse zum Einsatz kommen.
Caledonian Sleeper Sitzplatz-Wagen
Also machte es sich bezahlt, dass wir mehrere Plätze reserviert hatten und uns so etwas ausbreiten konnten. Reservierungen für Sitze empfehle ich, direkt am Schalter zu kaufen (aber sie sind kostenlos) und wenn man Glück hat, kann man so mehrere Plätze reservieren, ohne dass man alle Tickets vorzeigen muss.
Abfahrt nach London
Trotz der frühen Einstiegszeit ist es vor Abfahrt noch sehr unruhig im Zug. Nachdem wir unsere Plätze eingenommen haben, begutachten wir die kleinen Reisepakete.
Die Pakete bestehen aus zwei Heften, einer Schlafmaske und Oropax. In den Heften findet man verschiedene Dinge über den Caledonian Sleeper sowie das Snackangebot. Nachdem der Schaffner unsere Fahkarten kontrolliert hat und wir die überflüssigen Plätze wieder freigeben mussten, (allerdings nur für den Computer, wir hatten sie letztenendes immernoch), beschließen wir aber, so schnell wie möglich die Augen zu schließen. Schließlich beträgt die Fahrzeit nach Abzug weniger als 7 Stunden. Die Broschüren las ich nicht durch, Ohrstöpsel und Schlafmaske waren mir aber sehr von Nutzen. Nach etwa 40 min Fahrt treffen dann die beiden Lowland Caledonian Sleeper in Carstairs aufeinander und werden dort aneinander gehängt. Das bekomme ich aber gerade noch im Halbschlaf mit. Doch meine Nacht verläuft dann nicht mehr so ruhig. Es wurde ziemlich kalt im Zug, was an der Klimaanlage lag, von der wir wegen unseres Sitzplatzes am Wagenende wohl am meisten mitbekamen. Mein Mitreisender und Ich zogen alle Register was Kleidung anging, aber trotzdem froren wir.
Good Morning
Ich wurde noch mehrmals wach, bevor ich dann irgendwann Licht über den nebelbehangenen Feldern Englands sah. Trotzdem war es noch über eine Stunde bis London. Ich beschloss noch einmal versuchen zu schlafen. Um sechs Uhr holten wir dann unsere Handys, voll geladen, aus dem Imbisswagen, wie es uns die Zugbegleiterin am Vorabend gesagt hatte. Als ich einen morgendlichen Rundgang im Zug machte, merkte ich, dass wir sowohl die Fahrtrichtung gewechselt hatten, als auch, dass unser Zug sich verlängert hatte. Der Sitzwagen, welcher sich am Anfang noch am Ende des Zuges befand, war nun in der Mitte vor dem angehangenen Caledonian Sleeper aus Glasgow.
Nach einem kurzen Halt in Watford sind es dann noch etwa 20 Minuten bis London und ein Blick auf die Uhr verriet, dass die Ankunft tatsächlich 30 Minuten früher sein würde. Wir wechselten die ersten verschlafenen Worte und vermissten das Frühstück, was die Schlafwagengäste jetzt bekamen.
Aussteigen muss man zwar nicht sofort nach Ankunft in London Euston, aber wir und die anderen Menschen im Sitzwagen taten dieß und suchten uns einen Platz zum Frühstücken. Ich machte noch einige Fotos vom Zug.
Danach entschlossen wir uns zu einem Stadtrundgang in London während des Vormittags, denn Mittag ging unsere Reise weiter nach Brüssel. Uns bot sich eine fast menschenleere Stadt am Morgen.
Fazit
Meine erste Fahrt im Sitzwagen eines Nachtzuges war in etwa so wie erwartet. Sie eignet sich für alle die, die im Zug besonders gut schlafen. Ich persönlich war jedoch nicht wirklich zufrieden, was der touristenfreie Stadtrundgang aber etwas ausbessern konnte. Interrailern, die Nachtzug in Großbritannien fahren möchten, bleibt allerdings keine große Wahl, was die Komfortklassen angeht.
Zum Ende noch ein paar Fotos von unserem Kurzaufenthalt in London:
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